Schlagwort: Zwangsbeschallung

Stimmen in der Stadt

Der 1. Dezember ist Welt-Aids-Tag und es ist gut daß auf diese Krankheit hingewiesen wird. Daß zur Vorsorge und Prävention aufgerufen wird, daß aufgeklärt wird.

Was allerdings die Aktion "Stimmen in der Stadt" angeht, die von der Presse und auch sonst ja so gelobt wurde, so erscheint mir dies als äußerst merkwürdig.

Im Audio-Projekt »Stimmen in der Stadt« zum Welt-Aids-Tag 2010 haben Menschen das Wort, die mit HIV und Aids leben. Zwei Wochen lang, vom 25. November bis zum 8. Dezember, sind 15 Hörstationen auf Straßen und Plätzen Berlins zu finden. Lebensgeschichtliche Erzählungen vermitteln Eindrücke davon, was es heißen kann, über Jahrzehnte mit einer HIV-Infektion zu leben. Die dazu in den Jahren 2006 bis 2010 interviewten Männer und Frauen stammen alle aus Berlin.

Da werden für einen recht langen Zeitraum Lautsprecher in Berlin an Fußgängerkreuzungen montiert, die ununterbrochen sermonartig Selbstäußerungen von Aidskranken wiedergeben. Ohne Pause, auch nachts, rund um die Uhr,

Passanten, die auf grünes Licht der Fußgängerampel warten, sind diesem Geräuschteppich, Sprechschwall ausgesetzt.

Daß ein Geräuschpegel, der tagsüber wegen des Verkehrslärms relativ hoch sein muß, damit er wahrgenommen wird, nachts ausgesprochen belästigend wirkt, ist den Herrschaften, die diese Kunstaktion durchführten, nicht aufgefallen.
Dafür aber übergießen sie diejenigen Bürger, die sich belästigt fühlen und also die Message nicht verstanden haben, mit Hohn uns Spott.

"Du hast kein Aids, du musst also jetzt ununterbrochen den Sprechschwall aushalten". Welches Sendungsbewußtsein!

Wie so oft ist das Eventhafte und der Rummel, der darum gemacht wird, wichtiger als die Überlegung, was man bezwecken möchte und wie man das umsetzt.

So wie diese Herrschaften es umgesetzt haben und sich dafür feiern lassen, ist es ein Beispiel für die umsichgreifende Eventkultur, vermischt mit ein wenig Bürgerschreck und Wichtigtuerei.


 

Ach ja, da heute der erste erste ist: Ihnen alles Gute und ein ruhiges Jahr!

Hörstadt Linz – die Kulturhauptstadt 2009 startet eine Kampagne gegen Zwangsbeschallung

BeschallungsfreiLinz hat es erkannt:

Hörstadt ist die weit über das Jahr 2009 hinaus gedachte Initiative von Linz, der  Kulturhauptstadt Europas 2009, für eine bewusste und menschenwürdige Gestaltung unserer hörbaren Umwelt. Das Vorhaben wird von verschiedensten gesellschaftlichen und kulturellen Kräften unterstützt.

Es setzt sich zusammen aus Beschallungsfrei – Der Kampagne gegen Zwangsbeschallung (Start im Oktober 2008), der Linzer Charta als Leitlinie für Stadtgestaltung in akustischem Sinne (Gemeinderatsbeschluss Jänner 2009), und dem Akustikon als Welt des Hörens im Zentrum von Linz (Eröffnung Sommer 2009).

Mehr zu diesem wohltuenden Vorhaben finden Sie auf www.hoerstadt.at

Und eine sehr schöne Übersicht über beschallungsfreie Zonen finden Sie auf dieser Seite des Projekts: http://www.hoerstadt.at/beschallungsfrei/bereits_beschallungsfrei.html

Eine Linzer Charta ist verabschiedet und wird propagiert.

Auch das Informationsmaterial, welches zum Download angeboten wird, ist erstaunlich.

Ich freue mich.

Diese Webseite empfehle ich uneingeschränkt. Ein ganzes Jahr lang wird dieses Thema nicht untergehen können. Und es wird weiterwirken. Wohltuend.

Lärmschutz auf Chinesisch

So beschreibt Ma Ping Zuo auf heitere Art das chinesische Lärm-Inferno:

Eine der wesentlichen Grundlagen der chinesischen Gesellschaft ist der Lärm. Der Wunsch, immer und überall von Krach umgeben zu sein, hat praktisch alle Bereiche des chinesischen Lebens durchdrungen und wird mit allergrößter Begeisterung von Jung und Alt praktiziert. (…) Große und kleine Lautsprecher vor Restaurants, Geschäften, Kaufhäusern und natürlich in Parks und Grünanlagen tragen basstief wummernd oder fistelig plärrend dazu bei, die essentiell notwendige Geräuschmenge für das Funktionieren öffentlichen und privaten Lebens sicherzustellen.

Mit bitterer (oder heiterer?) Resignation verweist sie auf die Zurückgebliebenheit der Provinz, in der der Fortschritt den Lärmpegel noch nicht hat anschwellen lassen:

Allerdings – die Einkommenslage der Landbevölkerung ist generell noch nicht so beschaffen, dass hier signifikant die Möglichkeit zum vermehrten Automobilkauf gegeben wäre. Diskutieren könnte man natürlich in diesem Zusammenhang, ob nicht an alle, die sich noch kein Auto leisten können, schon mal hilfsweise eine Hupe ausgegeben sollte.

Den ganzen Artikel finden Sie bei Glanz und Elend

Unsere Ruh ist hin…

Von Geräuschkulissen, Lärmteppichen und der Verdrängung der Stille

Ein Feature von von Sabine Weber im Deutschlandfunk am 11.12., um 19:15

Wenn Sie Phonostar installiert haben, können Sie mit diesem Link die Sendung direkt in den Timer übernehmen

ein Auszug aus der Ankündigung:
Lärm ist das Geräusch der anderen, sagte der Großstädter Kurt Tucholsky. Doch nicht nur in Ballungsgebieten macht jeder auf seine Weise Krach; auch im häuslichen Alltag wurde die Stille erfolgreich verdrängt. Ob Toaster, Telefon oder Kamera: Jedes noch so primitive Funktionieren wird von synthetischen Klängen begleitet. Dass hier Sounddesigner am Werke sind, nützt wenig.

Piepsen, Klicken, Surren, Rauschen und Brummen bildet zusammen mit dem Brausen des Verkehrs eine permanente Geräuschkulisse und wird zum Lärm. Und der hat physiologische, psychologische, gesellschaftliche und sogar ökologische Auswirkungen, etwa auf unsere heimische Vogelwelt: Sie zwitschert heutzutage messbar lauter als noch vor wenigen Jahren.

Manche glauben, diffusem mit strukturiertem Lärm begegnen zu können, und drehen deshalb die Musikanlage auf. Andere hingegen engagieren sich in Arbeitsringen für Lärmbekämpfung. Selbst die Politik hat mittlerweile reagiert: Das Bundesumweltamt verdoppelt in diesem Jahr die Fördermittel zum Lärmschutz von 56 auf 100 Millionen Euro. Besteht also noch Hoffnung für die Patientin "Stille"?

 

Berieselungsprotokoll auf dem Weg von Hamburg nach Freiburg….

Anfahrt zum Flughafen: im Privatwagen ohne Autoradio
Wartebereich am Flughafen: TV-Berieselung 30 Minuten
Im Flugzeug: permanente Beschallung: 1,5 Std. mit Ansagen in drei Sprachen, in zu hoher Lautstärke
Caféteria am Flughafen beim Warten auf den Zubringerbus: 1 Std. französisches Phone-In-Radiosendung
im Zubringerbus nach Freiburg: 1 Std. WerbefunkBerieselung mit Parteitagsberichterstattung und Verkehrsdurchsagen
im Taxi zur Firma: 10 Minuten Werbefunk

macht summasummarum: 4 Std. 10 Minuten ungewollte Berieselung auf 700 km