Kategorie: scheinheilig

Keine Werbung? oder: Leise Werbung?

ARD reagiere auf die Beschwerden von Zuschauern und werde den Lautstärkepegel der Werbung herunterdrehen, Werbespots sollen künftig mit den Sendungen harmonisiert werden, wird gemeldet.

Das ist löblich, erstmal. Aber es wirft auch Fragen auf:

  1. Weshalb müssen sich erst Zuschauer (Gebührenzahler) beschwerden?
  2. Wieviele Zuschauer mussten sich beschweren, bis die Sender reagierten?
  3. Weshalb hat Werbung einen solchen Stellenwert bei den Öffentlich-Rechtlichen, die doch sowieso auskömmlich finanziert sind?

"Es ist solange laut bis sich halt jemand beschwert" und auch  "es hat sich noch niemand beschwert, Sie sind die erste..:"  kann ich nicht mehr hören.

Daß die Herrschaften sich aber jetzt für Selbstverständlichkeiten feiern lassen, ist wieder mal scheinheilig.

Stimmen in der Stadt

Der 1. Dezember ist Welt-Aids-Tag und es ist gut daß auf diese Krankheit hingewiesen wird. Daß zur Vorsorge und Prävention aufgerufen wird, daß aufgeklärt wird.

Was allerdings die Aktion "Stimmen in der Stadt" angeht, die von der Presse und auch sonst ja so gelobt wurde, so erscheint mir dies als äußerst merkwürdig.

Im Audio-Projekt »Stimmen in der Stadt« zum Welt-Aids-Tag 2010 haben Menschen das Wort, die mit HIV und Aids leben. Zwei Wochen lang, vom 25. November bis zum 8. Dezember, sind 15 Hörstationen auf Straßen und Plätzen Berlins zu finden. Lebensgeschichtliche Erzählungen vermitteln Eindrücke davon, was es heißen kann, über Jahrzehnte mit einer HIV-Infektion zu leben. Die dazu in den Jahren 2006 bis 2010 interviewten Männer und Frauen stammen alle aus Berlin.

Da werden für einen recht langen Zeitraum Lautsprecher in Berlin an Fußgängerkreuzungen montiert, die ununterbrochen sermonartig Selbstäußerungen von Aidskranken wiedergeben. Ohne Pause, auch nachts, rund um die Uhr,

Passanten, die auf grünes Licht der Fußgängerampel warten, sind diesem Geräuschteppich, Sprechschwall ausgesetzt.

Daß ein Geräuschpegel, der tagsüber wegen des Verkehrslärms relativ hoch sein muß, damit er wahrgenommen wird, nachts ausgesprochen belästigend wirkt, ist den Herrschaften, die diese Kunstaktion durchführten, nicht aufgefallen.
Dafür aber übergießen sie diejenigen Bürger, die sich belästigt fühlen und also die Message nicht verstanden haben, mit Hohn uns Spott.

"Du hast kein Aids, du musst also jetzt ununterbrochen den Sprechschwall aushalten". Welches Sendungsbewußtsein!

Wie so oft ist das Eventhafte und der Rummel, der darum gemacht wird, wichtiger als die Überlegung, was man bezwecken möchte und wie man das umsetzt.

So wie diese Herrschaften es umgesetzt haben und sich dafür feiern lassen, ist es ein Beispiel für die umsichgreifende Eventkultur, vermischt mit ein wenig Bürgerschreck und Wichtigtuerei.


 

Ach ja, da heute der erste erste ist: Ihnen alles Gute und ein ruhiges Jahr!

Mit Kindern kann man alles verkaufen

schreibt Peter Mühlbauer am 10.12.2009 in der telepolis und berichtet, daß quer durch das ganze regierte Land der Lärmschutz aufgeweicht werden soll.
Anhand des allgemein verständlichen Vorhabens, Kindergärten gegen Klagen wegen Geräuschemissionen zu schützen, versucht man die allgemeinen Lärmschutzregeln aufzuweichen.
Kinder sind plötzlich alle, auch Jugendliche, also wird man gegen deren Lärm auch nicht mehr vorgehen können.

Da steht ein bemerkenswertes Zitat:

Auf konkrete Anfrage räumt auch die rheinland-pfälzische Landesregierung ein, dass in dem Entschließungseintrag Einrichtungen für Jugendliche "mit erfasst werden". Hinsichtlich Fragen zu Klagen gegen nächtlichen Lärm weicht man aus und meint, man werde Jugendlichen "klarmachen können, dass bestimmte Tätigkeiten nachts im Freien […] nicht erlaubt sind, wenn Dritte dadurch gestört werden können." Im Umkehrschluss heißt dies, dass man den Schutz vor solchem Lärm tatsächlich wesentlich einschränken will und auf eine Vernunft hofft, die es offenbar nicht gibt. Würde es sie geben, dann gäbe es auch keine Klagen gegen Spielplätze, die zu später Stunde für lautstarke Trinkgelage genutzt werden. Kläger konnten deshalb zum Beispiel in Berlin erwirken, dass solche Einrichtungen mit einem Zaun versehen und nachts abgesperrt werden. Wird die Bundesratsinitiative ohne weitere Beschränkungen umgesetzt, dann wäre solchen Notbehelfen künftig ein Riegel vorgeschoben.

(Unterstreichung zur weiteren Hervorhebung von mir).

Anmerkung: Wieder einmal interessant ist auch die Haltung der stets bei der telepolis bereiten Kommentarpöbler, die sich wie alle Lärm-Verursacher sofort angegriffen fühlen und jeden Ruhebedürftigen abstemplen und niedermachen. Aber diese Agression der Lauten gegen die Leidenden ist ein besonderes Kapitel.

Was nützt eine Lautstärkenbegrenzung,

wenn sie nicht aktiv ist?

Da gibt es Vorschriften und technische Möglichkeiten, die "Ohrstöpsel" der Kids in der Lautstärke zu begrenzen. Aber dann sind sie bei Auslieferung nicht aktiv.
Was soll das? Glaubt man an die Einsicht, daß die Strippen-Junkies selbst die Begrenzung aktivieren oder glaubt man, ein Feigenblatt reiche aus?

(Das ist wie mit Microsofts InternetExplorer. Eigentlich bringt er eine ganze Menge vernünftiger Eigenschaften mit, nur sind die alle nicht aktiviert, sondern so versteckt, daß ein Anwender sie gar nicht erst identifiziert.)

Da bin ich gespannt, ob die neuen EU-Verordnungen (mehr Infos hier) greifen. Oder ob  nicht sofort wieder Software-Hacks in Umlauf kommen, die das ganze wieder umgehen.

Denn auf Einsicht kann man bei dauerberieselten Abgestöpselten doch wohl eher nicht hoffen.

Noch mehr Infos hier bei Yahoo.