Kategorie: Prinzipielles

na eben

Und weiter geht es mit der Verhackstückung der Radio-Kultur

Diesmal ist es der WDR, der seinen Kulturkanal WDR3 zu kastrieren plant und das wohl auch umsetzen wird.

Wieder soll es den Politikmagazinen, den Kulturbeiträgen an den Kragen gehen, Programme, die eigentlich nicht viel kosten, aber sehr viel bewirken können, nämlich die Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen Sender umzusetzen: Aufklärung, Bildung, Beteiligung zu fördern.

Dies ist allerdings, wie man einräumen muss, in Zeiten, in denen ein Europäischer Schlagerwettbewerb zum Heils- und Demokratiebringer für kaukasische Randstaaten hochgehypt wird, schon längst aus dem Selbstverständnis der Radio-Verantwortlichen gefallen.

Diese Herrschaften, die leidenschaftlos ihre vom Gebührenzahler finanzierten Inhalte den Winkelzügen der Privaten Schundsender opfern und dabei ihre Archive vernichten, die ihre Symphonieorchester dem Plastikgedudel des Orchesters von St. Martin in the Fields unter der Leitung von Sir Neville Mariner (Mantra von NDR3) opfern, behaupten einfach, ihre durch nichts gerechtfertigten Programmeinschränkungen / Inhaltseinschränkungen seien ihrem Auftrag der Versorgung der ganzen Bevölkerung geschuldet.

Also ziehen wir die Lehre: Ein hypothetisches niedriges Kulturniveau der Bevölkerungsmehrheit rechtfertigt die Vernichtung kultureller Inhalte.

Ich frage mich immer, warum die Intendanten dies so freiwillig tun? Was treibt Marmor, Piel und Consorten an?

Ein Dudel- Werbesender mehr oder weniger, das fällt nicht auf.

Ein Kultursender weniger, das ist nicht zu verantworten.

RadioretterOb der Protest was nützt?  Die Initiative Die Radioretter hat sich den Erhalt der Kultur im Rundfunk zum Ziel gesetzt.

Und dazu eine Unterschriftssammlung gestartet. Sie sollten unterschreiben.

 

Und hier der Offene Brief der Radioretter an die Indendantin des WDR.

Offener Brief

Sehr geehrte Frau Intendantin,

die Informationen aus den WDR 3-Redaktionen und auch die Berichte in der Presse über weitere Streichungen im Programm machen uns keine Sorgen, denn Sie werden derart undurchdachte Pläne sicher nicht zulassen und mit einem Federstrich verhindern: die Streichung von täglich 32 Minuten politischer Berichterstattung im „Journal“, das Verschwinden eines wöchentlichen Feature-Platzes für Musik und Literatur, die Verwandlung des werktäglichen aktuellen Kulturmagazins „Resonanzen“ in ein Wiederholungsprogramm und das Aus für das sonntägliche Auslandsmagazin „Resonanzen weltweit“ – um nur einige der als Organisationsreform angekündigten „Kleinigkeiten“ zu nennen.

Wir hoffen, dass Sie sich als Intendantin dem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag verpflichtet fühlen und sich zudem den Blick für die Verhältnismäßigkeit der Mittel bewahrt haben: Die Einsparungen im WDR 3-Radio wären ja nur ein Klacks im Vergleich zu den Unsummen, die für den Profi-Fußball im Fernsehen ausgegeben werden. Oder die der gebührenfinanzierte Selbstfindungsprozess teurer Moderatoren im Vorabendprogramm kostet. Um nur zwei Beispiele zu nennen.

Schon die in den letzten zehn Jahren vorgenommenen Veränderungen im WDR-Kulturradio bedeuten eine große Schwächung: Gestrichen, gekürzt, abgebaut oder ausgelagert wurden das politische Feuilleton des „Kritischen Tagebuchs“, die literarischen Lesungen, Rezensionen, Originaltonmitschnitte in „Dokumente und Debatten“, Gesprächssendungen wie „Zeitfragen/Streitfragen“ oder „Funkhausgespräche“ sowie Features und Hörspiele.

Die Wirkungen dieser Programmpolitik sind katastrophal. Ein Kulturprogramm verarmt und nicht einmal das Argument, man könne mit weniger Qualitäts-Einschaltradio und mit mehr Begleitmusik auch mehr Hörer gewinnen, stimmt. Im Gegenteil: Die Hörerzahlen sind weiter gesunken. Auch Sie kommen deshalb an der Erkenntnis nicht vorbei: Die allmähliche Zurichtung eines anspruchsvollen Kulturprogramms in ein leicht konsumierbares Häppchenangebot („Kultur to go“) ist nicht nur schädlich, sondern auch gescheitert. Und die Fortsetzung falschen Denkens löst nicht die Probleme, die es schuf. Wir vertrauen deshalb darauf, dass Sie die neuesten Abbau-Pläne für WDR 3 längst in den Papierkorb geworfen haben. Sie sollten es nur noch öffentlich machen. Und zwar sofort. Indem Sie zum Beispiel die folgenden fünf Punkte als Maßstab ihrer Programmpolitik unterstreichen:

  1. Das Kulturradio muss dem Hörer zugewandt sein; es darf ihn nicht unterfordern oder ruhig stellen, es muss sein Interesse wecken und Zusammenhänge wie ungewöhnliche Perspektiven vermitteln. Das Kulturradio füllt einen umfassenden Kulturbegriff mit Leben.

  2. Das Kulturradio muss dabei den Gegenstand seiner Berichterstattung und Reflexion ernst nehmen und sich auf die Komplexität der Gegenstände einlassen. Das erfordert kompetente Autoren und Redakteure, aber auch die Verteidigung der entsprechenden Sendeplätze.

  3. Das Kulturradio muss Anstöße geben. Es vermittelt Kultur, produziert Kultur und ist ein Teil der Kultur. Dazu gehören Konflikt, Streit, Brisanz. Es kann nicht nur Service bieten, denn Kunst, Literatur, Theater, Musik und Wissenschaft sind mehr als nur Konsumgüter. Rezension und Kritik begleiten die kulturelle Entwicklung und treiben sie voran.

  4. Das Kulturradio orientiert über Probleme auch der Gegenwart und Zukunft, zeigt Handlungsmöglichkeiten auf. Es ist ein Gegenwartsmedium. Die Beschränkung der Politik auf stündliche Nachrichten ist unzureichend.

  5. Das Kulturradio öffnet besondere Perspektiven auf die Politik: Das erfordert Sendeplätze für lokale und globale Berichterstattung, für Analyse und Kommentar. Deshalb unterhält der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Korrespondentennetz. Er überlässt die politische Meinungsbildung nicht nationalen und internationalen Medienkonzernen.

Für WDR 3 bedeutet das,

  • die politischen Journale zu erhalten und auszubauen,

  • kulturelle Berichterstattung, Rezension und Kritik zu verstärken; durch die Förderung von Fachkompetenz und durch die Schaffung neuer Sendeplätze (statt weiterer Streichungen),

  • die Erhaltung und die Weiterentwicklung des als Feuilleton konzipierten Kulturmagazins „Resonanzen“ mit seinem besonderen Blick auf die Welt aus kultureller und politischer Perspektive (statt der Umwandlung in eine Wiederholungssendung),

  • das Literatur- und Musikfeature nicht zu streichen.

WDR 3 sollte vielmehr mit seinen Stärken punkten und wieder mehr Dokumentationen und Kulturproduktionen zu günstigeren Sendezeiten präsentieren – und dafür werben.

Mit solchen und ähnlichen Maßnahmen könnten Sie der leider berechtigten Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk entgegentreten, die von Verarmung, Verflachung oder gar der Verdummung der Programme spricht. Beweisen Sie das Gegenteil.

 

Köln, Februar 2012

Futuristisches Manifest <-> Akustisches Manifest

Vor hundert Jahren erschien das Futuristische Manifest und es verherrlichte den Lärm, die Energie, die Geschwindigkeit und führte geradewegs in die Hölle, nämlich den Faschismus. (Das wissen wir, das haben wir verstanden und wer es nicht weiß, kann es hier bei der Einschaltverweigerung lesen oder Genaueres bei wikipedia  herausfinden).

Nun gibt es ein Akutisches Manifest, geplant als Provokationsmittel, um öffentliche Aufmerksamkeit für einen bestimmten Themenkomplex zu erzeugen, herausgegeben von dem verdienstvollen Peter Androsch, Leiter der Musik-Abteilung der Kulturhauptstadt Linz. Siehe auch hier bei Einschaltverweigerung.

Leider ist das Akustische Manifest, welches 100 Jahre nach dem futuristischen ebenfalls im FIGARO erschien, im Netz nicht mehr gescheit aufzufinden. Leider.

Bei der FAZ, wo es ebenfalls erschien, gar nicht, und der österreiche Standard veröffentlicht zwar einen Artikel darüber, zeigt aber das Manifest nur als GIF-Datei.
 

Das finde ich ausgesprochen schade. Ein Manifest, so habe ich gelernt, ist eine öffentliche Erklärung und sucht alle Mittel der Verbreitung. Warum dieses Manifest nicht? 

Ich werde Herrn Androsch mal anschreiben und um Wiedergabe-Erlaubnis bitten.


Die Frankfurter Rundschau veröffentlicht heute am 03.03.09 ein Interview mit Peter Androsch. Darin führt er in Hinblick auf die Notwendigkeit einer akustischen Stadtplanung aus:

 

Akustische Unsensibilität ist ein uraltes Problem.

Daß das Auto eine der größten Plagen der Zeit ist,

ist ja nicht neu. Und daß es egoschwache Schreiberlinge zu endlosen Quengelkommentaren treibt, wenn man sie mal auf den Kieker nimmt, ist hier in diesem Blog schon recht deutlich. Da brauch ich gar nicht in die Details gehen, gell Herr Boris Pieritz?

Aber es gibt immer noch was zu Toppen, für die kranken (oder tauben Hirne) stellt das Auto-Blog  (We obsessively cover the auto-industry) jetzt ein Gadget (= Spielzeug für kleine Jungs) vor, das man auf den Schaltknüppel stecken kann und dann brummt es im Auto wie in einem richtig großen schnellen…

Nicht mal das können sie noch selber machen. Früher hat Klein-Max die Nebengeräusche selbst produzieren müssen. Aber wenn das nur 45,00 Dollar kostet, und man damit auch nur irgendjemand beeindrucken kann.

"Now you can feel decades younger, impress your fellow commuters and give your lover the thrill they seek with SoundRacer."

 

Mediziner raten zu Schallpegelbegrenzern

titelte der Deutschlandfunk die Sendung Vom MP3-Player zum Hörgerät

Jeder zehnte Nutzer zieht sich einen bleibenden Hörschaden zu. Wird berichtet. Ist das nicht erschreckend?

Mir wird immer ein Rätsel bleiben, weshalb die Nutzer so aggressiv ihren Sound-Konsum verteidigen, wo sie doch eigentlich schon hör-eingeschränkt sind oder wirklich fast nichts mehr hören?

Es wird Hoffnung geweckt in diesem Artikel:
Schallpegelbegrenzer sind zurzeit die beste Vorsorge, sagt Zenner. Die Musik wird dann immer noch als sehr laut wahrgenommen, der technisch limitierte Hörgenuss sei aber wesentlich weniger riskant. Wenn der Schaden bereits eingetreten ist, gibt es mittlerweile auch Möglichkeiten, etwas zu reparieren. Die regenerative Medizin soll Mittel und Wege finden, …
denn bis dato ging man davon aus, daß ein geschädigtes Ohr nicht mehr hergestellt werden könne

nun wünschte ich mir aber, diese Bemühungen gingen in die Richtung, dass sich die User von ihren Strippen abnabelten als dass man sie damit vertröstete "wird alles wieder gut, die WIssenschaft macht das schon"

die Sendung im Deutschlandfunk

Der Artikel als MP3-Datei beim Deutschlandfunk oder als Flash-Datei

ist Robbie Williams das wert? Kaputte Ohren?
Ich denke nicht..

Schade ist nur, daß dann so ein Artikel unter dem Titel "MP3 macht noch keine Hörschaden" läuft, da liefert man ja gerade denen wieder Argumente, gegen die man eigentlich etwas ausrichten möchte

Ich möchte gerne wissen, warum

die Bitte, etwas leiser zu sein oder den IPod leiser zu stellen, solche Aggresivität bei den Gebetenen hervorruft.

Was geht da vor? Warum fängt ein Mittdreißiger an, im ICE lautstark herumzupöbeln, als ich ihn bitte, das Gerät leiser zu stellen (, das Geschepper war 4 Reihen weiter so laut zu hören, daß ich es nicht mehr aushielt.)

Er schrie herum in unflätigster, beleidigenster Weise.
Die einzige Person, die mir beistand, war eine junge Frau.
Männer nicht.

Zwei Fragen sind es also:
1. Warum werden Menschen so agressiv, wenn man sie um eine Selbstverständlichkeit bittet?

2. Warum sind Männer im öffentlichen Raum so feige und gehen in solchen Fällen nicht dazwischen? Warum haben Frauen Zivilcourage, die so vielen Männern fehlt?

PS: dies war nicht das erste Mal, daß ich bepöbelt wurde, die Hamburger S-Bahn ist ein guter Platz für solche Zwischenfälle… noch nie hat ein Mann eingegriffen … wenn Unterstützung, dann waren es immer Frauen .