Kategorie: Die Opfer sinds

Individualisierung der Gesamtgesellschaftlichen Phänomene

Ich kann es nachfühlen – und auch wieder nicht

Beschweren ist in solch einer Situation notwendig, aber daß der Kritisierte dann zuschlägt, das ist schon wirklich zuviel.

Ich bin mehrfach verbal attakiert worden, wenn ich mich über laute Gespräche oder laute Kopfhörer-Geräusche in Zugabteilen beschwert habe, aber zu einer Schlägerei ist es gottseidank dann doch nicht gekommen.

Eine Meldung vom 9.9.2018

Ein lautstarkes Telefonat in einem ICE-Waggon hat am späten Mittwochabend eine Prügelei nach sich gezogen. Wegen des eher rücksichtslos geführten Gesprächs eines 51-Jährigen aus Mönchengladbach habe ein fünf Jahre älterer Mann aus Viersen nicht einschlafen können und sich beschwert, teilte die Polizei am Donnerstag mit.

Der angesprochene Telefonierer wurde demnach wütend, es entbrannte ein Streit, bis der Mönchengladbacher seinen müden Kritiker würgte und schlug, wie es weiter hieß. Die Bundespolizei erstattete Strafanzeige wegen „Körperverletzung“, der Viersener wurde leicht verletzt.

Ja, wir sind schon ein liebenswertes Völkchen…

Selbstschutz? Tatsächlich?

 

Da berichtet der STERN   über eine Studie, die herausgefunden haben will,

  • daß die Ohren bei Lärm die Empfindlichkeit drosseln,
  • daß Signale von Nervenzellen an Haarzellen im Innenohr weitergeleitet werden und dass man dies manipulieren könne, sodaß weniger aktive Haarzellen das Ohr schützen
  • daß ein Protein für diese Desensibilisierung der Haarzellen zuständig sei
  • daß man nun also nach Medikamenten suchen könne, die diese Haarzellen, welche Schallwellen in elektrische Impulse umwandeln, "lahmlegen"

Wird da nicht wieder einmal das Pferd von hinten aufgezäumt?

Wie krank ist diese Denkweise?

Da wird zum Einen suggeriert, daß das Ohr sich wirklich selbst schützen könne UND daß man, wenn doch nicht, mit ein wenig Medizin nachhelfen könne.
Mixt man den jungen Leuten halt ein wenig Pulver ins Extasy-Gemisch, bevor sie in die Disko gehen und Baustellen-Anwohnern verteilt man die "Hörschutz-Pille" vom Bauamt..

Dieser angebliche Schutzmechanismus des Ohres ist ja nun bewiesenermaßen nicht ausreichend.
Wo kommen sonst die vielen Hörschäden bei Jugendlichen her?

Wenn man das ganze Ohr lahmlegt, hören die jungen Leute nach dem Disco-Besuch auch den Crash nicht mehr, wenn sie gegen den Baum fahren….

Wird da nicht wieder an den Symptomen herumgedoktert statt sich der Ursache zu stellen?

Mit einer solchen Argumentation hat man immer schon drängende Probleme heruntergeredet.
Sollen sich doch die Opfer schützen.
Bekanntlich wollte man ja auch schon die Zahl der Vergewaltigungen reduzieren, indem man den Frauen das Ausgehen verbot…

PS: Das Bild, welches zur Illustration herangezogen wurde, sieht mir verdächtig nach Barack Obamas Ohr aus, das kommt davon, wenn man Volontäre an die Bilddatenbank läßt….
 

Laut und spät

Doch 2006 registrierte der Fluglärmschutzbeauftragte der Stadtentwicklungsbehörde einen sprunghaften Anstieg der Nachtflüge von 6357 auf 7410. Ein großer Teil fiel in die Zeit zwischen 22 und 23 Uhr. Landeten und starteten 2005 in dieser Zeit noch 4712 Maschinen, waren es 2006 bereits 5550. Doch auch in der Stunde vor Mitternacht stieg die Zahl der Flüge im vergangenen Jahr von 1206 auf 1388. Zwischen Mitternacht und sechs Uhr in der Früh rollten 2006 insgesamt 472 Maschinen über die Fuhlsbüttler Start- und Landebahnen, 2005 waren es noch 439 gewesen. Der Fluglärmschutzbeauftragte Klaus Köhler macht für diesen Anstieg vor allem vermehrte Verspätungen verantwortlich. „Es gab zwei Flugverbindungen in die Türkei, die um 22.50 Uhr starten sollten, aber sehr häufig Verspätungen produziert haben.“ Mit den Fluggesellschaften sei gesprochen worden, sie mussten ihre Flugzeiten ändern. „Wenn 50 Prozent der Flüge später starten oder landen als geplant, kann nicht mehr von einer unvermeidbaren Verspätung gesprochen werden.“ Köhler kündigte zudem an, dass mit allen Fluggesellschaften gesprochen werden soll, deren Verbindungen in den kritischen Abendstunden zu mehr als 25 Prozent verspätet waren.

Das ist die eine Seite. Man kann, wenn es denn schon Regelungen gegen Lärm gibt, diese auch einhalten. Und nicht versuchen, sie weiter auszuhöhlen, z.B. durch Ausnahmegenehmigungen während Fußballweltmeisterschaften.

Die andere Seite ist wieder einmal die herrschende Meinung, daß wer den Lärm nicht aushält, ja einfach wegziehen könne. Das Problem wird wieder einmal individualisiert:

Wer damit nicht klar kommt/ nicht damit leben kann sollte einfach woanders hinziehen, aufs Land, in kleinere Städte ohne Flughafen, sich dann aber nicht beschweren dass er lange zur Arbeit benötigt oder es dort dann weniger Jobs gibt. schreibt ein Steffan Schmidt in einem Leserbrief.

Die gesellschaftlichen Schäden des Lärms werden wieder einmal heruntergespielt.

Und ja, ich fliege auch sehr oft. Dieses Dilemmas bin ich mir bewußt. Aber auch der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung der Flughafenbetreiber und Fluggesellschaften.